Dienstag, 23. November 2010

Drei Monate Ghana: Kleiner Zwischenbericht

Nachdem mich der krähende Hahn seit 4:30 Uhr nicht mehr schlafen lässt, gebe ich seinen Weckgeräuschen nach einer Stunde resignierend nach, schlüpfe in meine Laufschuhe oder gehe alternativ Wasser holen und wasche meine Wäsche. Im Anschluss frühstücken wir zusammen. Highlight jeden Morgen ist das selbstgemachte Müsli mit frischen Bananen.
Manchmal fahre ich mit unserer NGO vormittags in kleine Communities, aber meistens bereite ich den Unterricht für den KidsClub vor, gehe den Hausarbeiten nach und nehme mir viel Zeit für mich selbst, denn die ganzen Erfahrungen wollen festgehalten und verarbeitet werden.

Mein Hauptprojekt sind die nachmittags stattfindenden KidsClubs. Bislang habe ich nach der Kennenlernphase Mathematik unterrichtet, stets gekoppelt mit kreativen Einheiten, Spielen und Sport. Und so langsam habe ich auch das Gefühl, dass es bei den SchülerInnen ankommt.

Gegen 16 Uhr bin ich spätestens zuhause. Abends kochen wir gemeinsam. Die ghanaische Küche versuchen wir hier und dort mit der deutschen, italienischen und asiatischen zu verbinden. Ich lerne viel von unseren ghanaischen Mitbewohnerinnen.

An den Wochenenden hält mich nicht so viel in dem kleinen Dorf in Ajumako. An den Wochenenden habe ich mittlerweile die Atlantikküste vollständig entdeckt. Ich war zu einem Bierfest in Lomé (Hauptstadt Togos), drei Tage in Accra, in den Städten CapeCoast und Takoradi und am letzten Wochenende in dem Stelzendorf Nzulezu und dem südlichsten Punkt Ghanas, dem Cape Three Point.

Durch die Ausflüge lernt man Ghanas Umwelt und Natur kennen, ähnlich wie ein Tourist auf seiner Abenteuertour. Doch um Ghana wirklich kennen zu lernen und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, läuft kein Weg an persönlichen Gesprächen vorbei. Es ist der Erfahrungsaustausch, der das eigene Verhalten und die deutsche Kultur in Frage stellen und die ghanaische Lebensweise erklären. So bin ich mittlerweile zur Einsicht gekommen, dass ich mir auf meine weiße Hautfarbe nicht so viel einzubilden brauche, denn auch ghanaische LehrerInnen werden von den SchülerInnen angebettelt.

Das Miteinander in der NGO ist sehr gesellig. Abends sitzen wir manchmal beisammen, essen gemeinsam und reden über Gott und die Welt. Interessant ist es, dass die Gespräche dieselben sind, wie wir sie auch in Deutschland führen würden. Und genau an solch einem Abend hat es bei mir „Klick“ gemacht und ich habe mich das erste Mal in Ghana zuhause gefühlt. Ghana war plötzlich nicht mehr fremd, die vielen Unterschiede waren plötzlich mickrig klein im Gegensatz zu den vielen Gemeinsamkeiten.

Mit einem Freund, den wir in einem Dorf besucht haben, waren wir auf einer Farm und haben Kokosnüsse und Casava (Knollengemüse) geerntet, haben eine Beerdigung besucht und mit der NGO waren wir auf einer Hochzeit einer Mitarbeiterin.

Ich bin gespannt auf die nächsten 9 Monate in Ghana, zeitgleich freue ich mich auf meine Heimat Deutschland. Denn an dem Zitat „Heimat ist dort, wo Familie und Freunde wohnen“ ist auf alle Fälle etwas dran!