Mittwoch, 6. Oktober 2010

Der Alltag pendelt sich ein

Nachdem die Schulen geöffnet haben, fängt mein Jahr an. Doch mit der Öffnung der Schule beginnt noch nicht der Unterricht. Erst einmal ziehen die SchülerInnen mit Besen und Machetten bewaffnet in den Krieg gegen Schmutz und Dreck und bringen die Schule so richtig auf Vordermann. Von den Headmastern und LehrerInnen war die erste Schulwoche noch wenig zu sehen. Manche LehrerInnen kommen erst einen Monat nach Schulanfang. Um LehrerIn in Ghana zu werden, muss man auch nicht studieren. Die fehlende pädagogische Ausbildung wird mit einem Schlagstock, der schwungvoll drohend in der Hand geschwungen wird, ausgeglichen. „Afrikanische Kinder sind wie Tiere, man muss sie schlagen“, so rechtfertigte ein Lehrer einer Schule in CapeCoast den Einsatz des Stockes.
Ich persönlich habe noch nicht gesehen, wie ein Kind geschlagen wird. Nichtsdestotrotz steht auf meiner Regelliste für den KidsClub auf Platz eins „No Violence, no caneing“. Mit meiner deutschen Logik kann ich auch nicht nachvollziehen, wie man bei solch einem negativen Druck kreative Gedanken hervorbringen kann. Aber das ist auch nicht Ziel der Schulbildung in Ghana, wie ich schon bei der Begrüßung bemerkt habe. Nach einem „Hello“ kam mir sogleich ein auswendig gelerntes „Good Morning Sir! We are fine, thank you. How are you?“ entgegen, dass mich an Soldaten erinnert, die am Ende ihrer Kräfte versuchen synchron zu marschieren. Frontalunterricht mit Auswendiglernen wird der Vorzug gegenüber kreativem Unterricht mit Gruppenarbeiten und eigener Meinung gegeben.
Doch ich bin weder Pädagoge noch Lehrer. Vielleicht gelingt es mir trotzdem das selbstständige Denken in den Köpfen der Kinder zu wecken.

Angefangen haben die KidsClubs ganz gut. Wir sind an vier Schulen (Ankukrom, Gesdi, Abowinum und Methodist-School). In Ankukrom und Methodist biete ich den KidsClub für die vierten und fünften Klassen an, in Gesdi für die vierten bis sechsten Klassen und in Abowinum für die dritte. Das Problem in Abowinum ist, dass die Kinder so gut wie kein Wort Englisch sprechen und mich auch nicht verstehen. Das interessante ist: Betteln können sie alle auf Englisch. Da werden schnell Forderungen nach Fußballschuhen, Fahrrädern und Kleidungsstücken gestellt (mehr im nächsten Artikel „Zwischen Privileg und Rassismus“). Und die Erklärung, dass ich nicht in der Lage bin, ihnen materielle Geschenke zu machen, wird dann nicht verstanden.
Die anderen KidsClubs laufen dagegen richtig gut. Die Kinder verstehen grob das, was ich von ihnen will und haben Spaß bei den Spielen. Nach der Kennenlernphase folgen Themenphasen wie Mathematik, Fußball, Leichtathletik, Deutsch und Gesundheit. So ist zumindest der Plan.

Fast zwei Tage hatten wir nun kein fließendes Wasser und keinen Strom. Fazit: Es gibt schlimmeres als im Kerzenschein zu Abend zu essen. Es kommt immer drauf an, was man aus seiner Situation macht!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen