Mittwoch, 2. Februar 2011

Krasser Vorfall öffnet Augen

Als ich mit dem KidsClub in der Schule in dem kleinen Dorf Abowinum fertig war, kaufte ich mir am Straßenrand ein Wasser, unterhielt mich mit der Verkäuferin, die auch Voluntärin bei HFFG ist und stellte mich an die Straße und wartete auf ein Verkehrsmittel nach Ajumako.
Aus 200 Meter Entfernung kam ein Mann in meine Richtung gelaufen. Er lief alleine und hat laut auf Fante gesprochen, das ich nicht verstand, aber merkte, dass es an mich gerichtet war. Er kam immer näher auf mich zu, war sehr aggressiv und nicht normal (hatte also Alkohol oder sonstige Drogen konsumiert). Sein Ziel bestand darin, mich anzupöbeln und wohl auch zu verletzen. Von letzterem wurde er zum Glück abgehalten.
Die Voluntärin hat sehr schnell die Situation erkannt und wie wild auf den Mann eingeredet. In der Zeit hat mich ein anderer Mann aus Abowinum zu sich gerufen und sich mit einem Messer zur Abwehr neben mich gestellt. Daraufhin ist der Mann weiter gezogen, die Situation war vorbei und ich mit Adrenalin voll gepumpt zwischen Verzweiflung, Einschüchterung und Dankbarkeit für die Zivilcourage.

Dieser negative Vorfall, diese krasse Erfahrung hat mir aber die Augen für die Freundlichkeit der Menschen in Ghana geöffnet. Ich bin als Europäer in Afrika, als Deutscher in Ghana, als Weißer unter Schwarzen, ich bin – wie man es in Deutschland gerne sagt – ein Ausländer und trotzdem werde ich überall freundlich behandelt und zum Teil bevorzugt.
Und nach fast sechs Monaten gelange ich zum ersten Mal in eine solche Situation. Ich glaube als Schwarze(r) in Deutschland hat man es bedeutend schwerer.

Heute kann ich über den Rassismus-Artikel, den ich auf den Blog vor ein paar Monaten geschrieben habe, teils lachen. Damals habe ich die Obroni-Rufe rassistisch eingestuft. Welch ein Schwachsinn! Hinter dem Wort Obroni verbirgt sich nichts negatives, vor allem wenn kleine Kinder mich so rufen, ist das zwar anstrengend, aber völlig in Ordnung.
Es ist wohl bedeutend unangenehmer für ein/e Schwarze/r, wenn er oder sie durch eine kleinere Ortschaft läuft und dort die oft auch negativen Blicke seines Umfeldes abbekommt. Genau das ist Rassismus und nicht das Obronirufen in Ghana.
In Deutschland vermisst man an vielen Stellen Zivilcourage und hier stellen sich die GhanaerInnen neben mich und beschützen mich. Das hat mich sehr beeindruckt.

In eine solche Situation bin ich bisher noch nicht geraten. Ich kann mich überall frei bewegen, brauche keine Angst zu haben. Da fühle ich mich manchmal selbst nachts in meiner Heimatstadt Gedern an manchen Ecken unsicherer.

Und dann stellen wir uns hin und behaupten altklug: Wir in Deutschland sind besser entwickelt als die Menschen in Ghana. Bei einer solchen Aussage kann es einem Übel werden. Es gibt so viel, was wir von den GhanaerInnen lernen können und wo wir unterentwickelt sind.
Wir könnten ja einfach anfangen, jeder rassistischen Anspielung, sei es auch nur einem Witz, etwas entgegen zu setzen. Das wäre ein Anfang, dass Immigranten, vor allem People of Color, nicht mehr ständig Opfer von Rassismus wären. Vielleicht brauchen sie dann auch irgendwann keine Angst mehr zu haben, nachts auf Nazis zu treffen.

2 Kommentare:

  1. Glück gehabt. Hätte auch anders ausgehen können.

    Black racism gibt es, das zu leugnen, ist das Falscheste was man tun kann.

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  2. Vielen Dank für Ihren Kommentar.
    Auch wenn mir Back Rasism noch nicht begegnet ist, wollte ich seine Existenz nicht leugnen. Beabsichtigt war lediglich eine Korrektor des Rassismusartikels: Obronirufe nehme ich persönlich nicht mehr als rassistisch wahr.

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